Firefox für Android im Wartungsmodus – die Ruhe vor dem Sturm?
Mozilla hat Firefox für Android in einen inoffiziellen Wartungsmodus gesetzt. Doch was genau bedeutet das? Welche Pläne hat Mozilla? Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel.
Im vergangenen halben Jahr hat Firefox für Android einige Neuerungen erhalten, darunter große Neuerungen wie ein neues Design, ein überarbeiteter Startbildschirm mit Pocket-Integration, ein permanenter Tracking-Schutz und die Unterstützung von Custom Tabs in Firefox 57, eine neue Lesezeichen-Verwaltung, die Unterstützung des FLAC-Codecs und von Progressive Web Apps in Firefox 58, die Unterstützung von HLS-Videos in Firefox 59 und mit Quantum CSS eine komplett neue CSS-Engine in Firefox 60. Auch gab es diverse kleinere Neuerungen wie eine Quelltext-Ansicht oder die Möglichkeit, Daten nur über WLAN zu synchronisieren. In Firefox 61 für Android jedoch gab es keine Neuerung, die hervorgestochen ist, und so wird es im nächsten Major-Release, Firefox 62 für Android, auch wieder sein. Woran liegt das?
Die Ruhe vor dem Sturm?
Die Antwort darauf liefern Mozillas Mobile-Entwickler selbst. So schrieb etwa Emily Kager auf Twitter, dass an Fennec – so der interne Projektname – derzeit nicht sehr aktiv entwickelt wird, und Stefan Arentz schrieb auf Reddit, dass sich Firefox für Android in einem Wartungsmodus befände.
Beide begründen den derzeitigen Zustand mit großen Plänen, die Mozilla für Android hat. Mozilla hat Firefox für Android also nicht etwa aufgegeben, im Gegenteil: Mozilla bündelt ganz offensichtlich all seine Ressourcen für einen großen Schritt, dessen Resultat wir Ende des Jahres, wahrscheinlich sogar erst im neuen Jahr sehen werden. Damit setzt Mozilla also möglicherweise das um, was bereits Anfang des Jahres in Person von Barbara Bermes, ihres Zeichens Produktmanagerin für Mozillas Mobile-Produkte, in einem Interview versprochen worden war: sie kündigte Verbesserungen in der Dimension von Firefox Quantum für den Desktop an, aber dieses Mal für Mobile. Mobile sollte ihrer Aussage nach ein großer Schwerpunkt für Mozilla im Jahr 2018 werden.
Android Components als Basis aller Dinge
Wie genau Mozillas Pläne für Android aussehen, dazu ist derzeit noch nichts Konkretes bekannt. Fest steht nur, dass Mozillas neue Android Components die Basis für die Dinge bilden werden, an denen Mozilla derzeit arbeitet. Bei den Android Components handelt es sich um wiederverwendbare Komponenten, aus denen sich Browser-Produkte bauen lassen. Dazu gehört auch GeckoView – quasi Mozillas Pendant zu Googles Chromium WebView, aber nicht mit dem Fokus, Webinhalte in Apps einzubetten, sondern Browser mit Mozillas Gecko-Engine bauen zu können.
Die Entwicklung der Android Components ergibt für Mozilla sehr viel Sinn. Mozilla hat längst nicht mehr nur ein einziges Browser-Produkt für Android im Angebot: Firefox, Firefox Klar, Firefox Rocket, Firefox für Fire TV, Firefox Reality – die Zahl von Mozillas Android-Produkten wächst und eine vielfache Duplizierung von Teilen von Code und Ideen ist die logische Konsequenz. Sind die Android Components erst einmal ausgereift, kann sich jedes Produkt-Team auf das konzentrieren, was das jeweilige Produkt einzigartig macht. Aber auch für Entwickler abseits von Mozilla eröffnet das interessante Möglichkeiten.
Back to the Phoenix (Fenix)?
Da sich Mozilla bezüglich seiner Pläne für Fennec noch so bedeckt hält, bleibt nur die Spekulation. Und diese führt zwangsläufig zu Fenix. Unter diesem Namen entwickelt Mozilla offensichtlich einen neuen Browser, der Gebrauch von eben jenen Android Components macht. Die Liste der Issues zeigt ganz typische Browser-Features: Adressen in die URL-Bar eingeben, zurück und vorwärts navigieren, auf die Chronik zugreifen, den Verschlüsselungsstatus anzeigen, die Desktop-Version einer Webseite anzeigen, eine Einstellungsoberfläche usw.
Aber ob es sich bei Fenix letztlich um einen Neustart von Firefox für Android handelt, hier ein weiteres Browser-Produkt am Entstehen ist oder das Ganze nur eine Beispiel-Implementierung für die Android-Components ist, darüber kann wie gesagt nur spekuliert werden. Die Beschreibung des Github-Repositories, welche „Fenix is not your parent’s Android browser“ lautet, trägt vermutlich bewusst nicht zur Klarheit bei und bereits der Projektname regt die Spekulation eher an als dass er davon abhält. Immerhin ist die phonetische Ähnlichkeit zu Phoenix unübersehbar. Zum einen war Phoenix der Name von Firefox, bevor der Browser Firefox hieß, was eine gewisse Symbolik im Sinne von Back to the Roots hätte, zum anderen würde das Bild des aus der Asche Auferstehens gut zu einem Neustart des Browsers passen, der es bisher schwer hat, auf einen relevanten Marktanteil zu kommen.
Was ist nun mit Firefox für Android?
Aber zurück zu dem, was für das Hier und Jetzt relevant ist: was ist mit Firefox für Android? Ist es in Anbetracht des aktuellen Standes überhaupt noch eine gute Idee, weiterhin Firefox für Android zu nutzen?
Klare Antwort: Ja! Wer mit Firefox für Android keine Probleme hat, hat keinen Grund, den Browser zu wechseln. Mozilla veröffentlicht weiterhin regelmäßig Updates. Sicherheitslücken werden wie gewohnt geschlossen, Fehler behoben. Neue Versionen der Gecko-Engine bringen eine verbesserte Unterstützung für Webstandards. Einzig große neue Features sind in den nächsten Releases eher weniger zu erwarten, aber rein funktional dürfte Firefox für Android sowieso wenig vermissen lassen. Immerhin stecken in Firefox für Android bereits viele Jahre Entwicklung. Da tun ein paar ruhigere Monate nicht weh – und manchem ist das vielleicht sogar ganz recht, wenn nicht so viele Änderungen sichtbar sind. 😉
Weitere aktuelle Artikel aus der Kategorie „Firefox für Android“
- 11.09.2024Mozilla veröffentlicht Firefox 130 für Android
- 23.08.2024Mozilla entfernt Adjust aus Firefox und Firefox Klar für Android und Apple iOS
- 08.08.2024Mozilla veröffentlicht Firefox 129 für Android
- 13.07.2024Mozilla veröffentlicht Firefox 128 für Android
- 15.06.2024Firefox 127 für Android: Lokale Übersetzung, verbesserte Lesezeichen, Performance und mehr
Jau, danke!
Was wirklich schön und an der Zeit wäre:
Lesezeichen und Ordner alphabetisch sortieren zu können – ohne den Umweg über Sync.
Hoffentlich gibts mit Fenix auch endlich ein vernünftiges Konzept um schnell Tabs switchen und generell besser multitasken zu können.
Derzeit funktioniert das ja so, wie in praktisch jedem anderen Browser auch. Was genau schwebt dir vor, was schneller gehen würde?
In Chrome kann man beispielsweise Gesten direkt auf der Toolbar machen, um zur Übersicht zu gelangen (runter wischen) oder die Tabs zu wechseln (zur Seite wischen). Zurückgehen schließt einen Tab und bringt einen dahin zurück, wo man vorher war. Bei Firefox bleibt der Tab mit der newtab-Seite offen, aber die App wird geschlossen. Zudem finde ich die Tabübersicht von Chrome (Karten) bei einer Vielzahl von Tabs deutlich einfacher und schneller zu handhaben, auch wenn man bei wenigen Tabs vielleicht eine etwas schlechtere Übersicht als in Firefox hat. Die farbigen Rahmen helfen auch bei der Orientierung.
Das sind einige der kleinen Dinge, die mich zwischendurch immer wieder zu Chrome zurück bringen (meistens bis ich dann ein Addon installieren will oder Werbung sehe).
Nach unten wischen hat keinen Vorteil, weil das nicht schneller sein kann als den Button zu drücken, aber nach links und rechts wischen hat mit Sicherheit seine Daseinsberechtigung. Ich wusste von dieser Möglichkeit aber bislang auch nichts und bin auch noch nie über ein entsprechendes Ticket auf Bugzilla gestolpert. Wurde es denn schon vorgeschlagen? Das ist die Grundvoraussetzung, damit etwas implementiert werden kann. 😉
Bei mir verhalten sich Firefox und Chrome in diesem Punkt identisch. Einmal zurück: Startbildschirm, zweimal zurück: App wird geschlossen.
Schlechtere Übersicht bedeutet für mich auch schlechtere Handhabung. Ich finde die Tab-Darstellung von Chrome furchtbar. Besonders, wenn manchmal zwei Seiten so dicht aufeinander liegen, dass man nur mit genauem Hinschauen sieht, dass da noch eine Seite darunter ist. Also bitte Mozilla, bloß nicht wie Chrome implementieren. 😉
Das ist so eine Sache, auf die ich gut verzichten kann, aber wo ich zumindest verstehe, dass es andere gut finden. Ich find's nicht so schön, wenn's zu bunt ist, aber dass es bei der Orientierung helfen kann, glaube ich. Sollte Mozilla das inklusive einer Einstellung implementieren, wäre es daher perfekt.
Das könnte vielleicht einige Fragen klären.
Das, was dort in einem Satz steht, ist genau das, was ich in diesem Artikel ausführlicher beschrieben habe. 😉