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Kommt es zum Wettbieten um die Standard-Suchmaschine in Firefox?

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Noch ist Google in den meisten Ländern die Standard-Suchmaschine in Firefox. Doch das könnte sich bald ändern. Der aktuelle Vertrag mit Google läuft in diesem Jahr aus. Und es bahnt sich an, dass ein namhafter und hoch motivierter Konkurrent um diese Position mitbieten wird.

Abgesehen von drei Jahren mit Yahoo! als wichtigstem Suchmaschinen-Partner von Mozilla war Google immer die Standard-Suchmaschine von Firefox in den meisten Ländern. Dabei liefen die Verträge zwischen Google und Mozilla in den letzten 15 Jahren immer für jeweils drei Jahre. So ist es auch jetzt, womit der aktuelle Vertrag mit Google Ende dieses Jahres auslaufen und diese Position neu verhandelt wird.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Google daran interessiert ist, auch in Zukunft die Standard-Suchmaschine in Firefox zu sein, dürfte sehr hoch sein. Die Frage ist natürlich immer, welche Konditionen der neue Vertrag hat. Insbesondere wenn die Marktanteile von Firefox sinken und Google der einzige ernsthafte und finanziell potente Interessent ist.

Doch könnte es dieses Mal zu einem Wettbieten kommen: Wie Windows Central unter Berufung auf The Information (Paywall) berichtet, soll Microsoft ein großes Interesse daran haben, Bing als Standard-Suchmaschine in Firefox zu platzieren. Dabei beruft man sich auf zwei Personen, welche direkte Kenntnis von entsprechenden Diskussionen haben sollen.

Microsoft erlebt gerade einen regelrechten Hype rund um die Integration von ChatGPT in seine Suchmaschine Bing. Dieses Momentum möchte Microsoft offensichtlich nutzen, was Sinn ergibt: Für Microsoft bietet sich die einmalige Gelegenheit, einen technologischen Vorsprung gegenüber Google zu nutzen, und damit die wohl realistischeste Chance seit langem und auch auf absehbare Zeit, größere Anteile am von Google so sehr dominierten Suchmaschinenmarkt zu gewinnen. Daher investiert Microsoft aktuell sehr aggressiv in Bing und ChatGPT. Und eine solche Partnerschaft mit Mozilla würde perfekt in diese Strategie passen.

Zwar hat Firefox keinen sehr hohen Marktanteil am Browsermarkt, womit nur daraus auch keine sehr großen Sprünge für Bing zu erwarten wären. Aber wie Microsofts CFO Phil Ockenden im Februar in einem Investoren-Call erklärte, steckt in jedem Prozentpunkt mehr Anteil am Suchmaschinen-Werbemarkt das Potential von zwei Milliarden USD Umsatz. Dementsprechend wäre dies ein Geschäft, von dem sowohl Mozilla als auch Microsoft selbst profitieren könnten. Und die 15 Milliarden USD, die Google alleine im Jahr 2021 an Apple gezahlt haben soll, um Standard-Suchmaschine in Safari zu sein, dürften in Anbetracht dieser gigantischen Wette auf die Zukunft und den anderen Milliarden-Investitionen auch für Microsoft eine Nummer zu groß sein. Zum Vergleich: Mozilla hat im gleichen Jahr 528 Millionen USD von Google dafür erhalten, die Standard-Suchmaschine in Firefox zu sein.

Ein ernsthaftes Interesse Microsofts angenommen: Natürlich bleibt da immer noch Google, die mit Sicherheit auch wenigstens ein Angebot abgeben und Microsoft diesen Platz nicht einfach so überlassen werden.

Ob Bing im kommenden Jahr die Standard-Suchmaschine von Firefox sein wird, lässt sich nicht abschätzen. Am Ende bleibt vielleicht auch Google die Standard-Suchmaschine in Firefox. Sicher ist: Dieses gesteigerte Interesse ist nicht zu Mozillas Nachteil. Es verbessert in jedem Fall die Verhandlungsposition von Mozilla und sorgt vielleicht ja für den nächsten Rekordumsatz – egal ob nun mit Google oder Microsoft als Standard-Suchmaschine.

Dieser Artikel wurde von Sören Hentzschel verfasst.

Sören Hentzschel ist Webentwickler aus Salzburg. Auf soeren-hentzschel.at informiert er umfassend über Neuigkeiten zu Mozilla. Außerdem ist er Betreiber von camp-firefox.de, der ersten Anlaufstelle im deutschsprachigen Raum für Firefox-Probleme aller Art. Weitere Projekte sind firefox.agenedia.com, mozilla.de, firefoxosdevices.org sowie sozone.de.

4 Kommentare - bis jetzt!

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  1. Michael M.
    schrieb am :

    Bleibt nur die Frage, ob man bei Microsoft so genau weiß, was man eigentlich will. Denn im Augenblick ist die Integration von ChatGPT in Bing ja per User-Agent-Sniffing auf Edge beschränkt. Der Normalnutzer wird also mit Firefox nicht darauf zugreifen können und daher keinen Vorzug von Bing gegenüber anderen Suchmaschinen sehen.

    Da muss man sich bei Microsoft entscheiden: Will man mehr Nutzer für Bing gewinnen oder mehr für Edge?

  2. Franz
    schrieb am :

    Mozilla könnte auch einen eigenen Suchdienst anbieten, eventuell über Werbung finanziert.

    So eine (dezentrale) Suchmaschine könnte auf YaCy aufbauen.

    Weiterführende Links:

    https://yacy.net/

    https://de.wikipedia.org/wiki/YaCy

  3. Sören Hentzschel Verfasser des Artikels
    schrieb am :

    Mit Edge verdient Microsoft kein Geld, ähnlich wie Google mit Chrome. Für beide ist der Suchmaschinen-Werbemarkt wesentlich und der Browser Mittel zum Zweck. Anders gesagt: Du kannst davon ausgehen, dass langfristig jeder Bing-Nutzer die beste Bing-Erfahrung bekommen wird. Und wenn das für Microsoft ChatGPT mit einschließt, dann werden das auch Firefox-Nutzer bekommen. Ich würde da nicht zu viel hinein interpretieren, wenn jetzt, wo man noch so am Anfang der Integration steht, gewisse Limitierungen vorhanden sind. 😉

  4. Sören Hentzschel Verfasser des Artikels
    schrieb am :

    Mozilla könnte auch einen eigenen Suchdienst anbieten, eventuell über Werbung finanziert.

    Nicht wirklich. Für den Aufbau einer konkurrenzfähigen Suchmaschine hätte Mozilla überhaupt nicht das Budget, dafür bräuchte es Milliarden. Nicht zu vergessen Kompetenzen, die Mozilla gar nicht im Haus hat. Da reicht es nicht, ein paar gute Entwickler zu haben, die dafür abgestellt sind. Da steckt doch einiges mehr dahinter. Gleichzeitig würde Mozillas wichtigste Einnahmequelle zu großen Teilen wegbrechen, wenn sie sich selbst Konkurrenz in ihrem Hauptgeschäft machen.

    Eine dezentrale Suchmaschine, die von Mozilla entwickelt wird, ist eine „romantische“ Idee, aber keine tragfähige Business-Strategie für Mozilla.

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