Die Organisationsstruktur von Mozilla
Mozilla als Organisation ist komplexer strukturiert, als es viele annehmen. Dies führt immer wieder zu Verwirrungen darüber, wieso Mozilla einerseits so hohe Einnahmen hat und mitunter auch hohe Gehälter auf Führungsebene bezahlt, andererseits aber immer wieder betont, auf Spenden angewiesen zu sein. Dieser Artikel soll etwas Klarheit schaffen.
Wenn von Mozilla die Rede ist, denkt man häufig nur an Firefox. Dabei ist Mozilla heute sehr viel mehr als nur Firefox. Und Nutzer, die an Mozilla spenden, meinen unter Umständen, damit für die Entwicklung von Firefox zu bezahlen. Böse Zungen behaupten sogar, damit würde ein üppiges CEO-Gehalt bezahlt werden. Solche Annahmen basieren aber auf grundlegenden Irrtümern über die Organisationsstruktur von Mozilla.
Mozilla besteht aus mehreren Organisationen
Wenn die Menschen alles, was irgendwie mit Mozilla zu tun hat, einfach nur dem Namen Mozilla zuordnen, haben sie in gewisser Weise recht. Mozilla steht für bestimmte Werte und Ziele, welche in Form des Mozilla Manifests ausformuliert sind. Diese gelten gleichermaßen über alle Mozilla-Organisationen hinweg. Eine Unterscheidung ist häufig gar nicht notwendig. Um den Zusammenhang zwischen kommerziellen Produkten und Partnerschaften auf der einen und Spenden auf der anderen Seite zu verstehen, ist es allerdings unausweichlich, die Organisationsstruktur ein wenig besser zu verstehen.
Mozilla Corporation
Da gibt es zum einen die Mozilla Corporation. Diese ist unter anderem für die Entwicklung von Firefox sowie einen Großteil der Einnahmen verantwortlich. Im Jahr 2022 hat Mozilla einen Umsatz in Höhe von 594 Millionen USD erzielt, davon 510 Millionen USD durch Partnerschaften mit Suchmaschinen für Firefox.
Die Mozilla Corporation entwickelt aber auch andere, teils kostenlose und teils kommerzielle Produkte. Darunter fallen beispielsweise das Mozilla VPN, Firefox Relay, Firefox Monitor, Mozilla Hubs und Pocket.
Mozilla Online ist eine eigenständige Tochterorganisation der Mozilla Corporation, welche für den Betrieb in China verantwortlich ist.
Mozilla Ventures, Mozilla.ai, MZLA
Mit Mozilla Ventures hat Mozilla im November 2022 die Gründung eines Risikokapitalfonds für Startups bekannt gegeben. Im März 2023 folgte die Ankündigung von Mozilla.ai, wo man sich dem Thema der vertrauenswürdigen Künstlichen Intelligenz (KI) widmet. Beide wurden jeweils als eigenständige Organisationen innerhalb von Mozilla gegründet.
Und dann gibt es noch die MZLA Technologies Corporation. Diese entwickelt den E-Mail-Client Thunderbird. Die Entwicklung von Thunderbird findet tatsächlich komplett spendenfinanziert statt, immerhin erzielt MZLA aktuell 99,9 Prozent seiner Einnahmen durch Spenden. Spenden an MZLA funktionieren aber komplett getrennt von Spenden an „Mozilla“, wie sie im kommenden Absatz beschrieben werden.
Mozilla Foundation
Damit kommen wir zur Mozilla Foundation. Die Mozilla Foundation ist die Dachorganisation der zuvor genannten Mozilla Corporation, Mozilla Ventures, Mozilla.ai sowie MZLA Technologies Corporation.
Als steuerbefreite Not-for-Profit-Organisation nach 501(c)(3) ist es der Mozilla Foundation nicht erlaubt, Einnahmen in dieser Höhe beispielsweise durch Suchmaschinen-Partnerschaften zu erzielen, was ein wesentlicher Grund für die Existenz der Mozilla Corporation ist.
Wenn Nutzer an „Mozilla“ spenden, tun sie das für die Mozilla Foundation. Deren Aufgabe ist nicht die Entwicklung von Firefox oder anderen kommerziellen Produkten und auch nicht die Bezahlung des CEO-Postens der Mozilla Corporation.
Die Aufgaben der Mozilla Foundation umfassen Dinge wie politisches Engagement, indem man sich beispielsweise für eine Gesetzgebung im Sinne der Nutzer einsetzt. Dinge wie Common Voice, dem weltweit größten öffentlichen Datensatz menschlicher Stimmen, das Mozilla Festival, der Einkaufsberater mit Datenschutzfokus Datenschutz nicht inbegriffen, das Data Futures Lab oder Studien wie YouTube Regrets, um fragwürdige YouTube-Empfehlungen besser zu verstehen, sind Projekte der Mozilla Foundation. Aktuell arbeitet die Mozilla Foundation an einer App, um die Algorithmen von TikTok besser zu verstehen. Außerdem unterstützt die Mozilla Foundation andere Projekte durch Förderungen und Stipendien.
Die Mozilla Foundation ist auf Spenden angewiesen. Außerdem erhält sie einen Prozentsatz des Jahresumsatzes der Mozilla Corporation als „Lizenzgebühren“. So hat die Mozilla Corporation im Jahr 2022 etwas über 19 Millionen USD an die Mozilla Foundation gezahlt.
Moment, aber wie spende ich nun für die Firefox-Entwicklung?
Es gibt keine direkte Möglichkeit, für die Entwicklung von Firefox oder einem anderen Mozilla-Produkt zu spenden. Ausnahme ist wie bereits beschrieben Thunderbird, was über ein separates Spendenformular funktioniert. Alle anderen Spenden kommen der Mozilla Foundation zugute.
Um die Entwicklung eines Mozilla-Produkts zu unterstützen, besteht die Möglichkeit, ein Abo eines kommerziellen Mozilla-Produkts zu nutzen, beispielsweise das Mozilla VPN, Firefox Relay Premium, Pocket Premium oder MDN Plus. Diese Form der Unterstützung ist zwar nicht steuerlich absetzbar, dafür erhält man aber eine Gegenleistung, die man nutzen kann. Diese Einnahmen erreichen die Mozilla Corporation, wovon unter anderem auch die Entwicklung von Firefox profitiert.
Fazit
Wie man sieht, muss man zwingend zwischen den Einnahmen durch unter anderem Suchmaschinen einerseits und Spenden andererseits unterscheiden. Weder handelt es sich bei den großen Geldbeträgen, die immer wieder durch die Medien gehen, um Mittel, welche der Mozilla Foundation zur Verfügung stehen, noch sind die Spenden an die Mozilla Corporation und deren CEO gerichtet. Beides hat schlicht und ergreifend nichts miteinander zu tun, außer dass die Mozilla Foundation auch vom Erfolg der Mozilla Corporation direkt profitiert, nicht aber umgekehrt.
Weitere aktuelle Artikel aus der Kategorie „Mozilla“
- 08.12.2024Neue Mozilla-Marke offiziell vorgestellt
- 01.12.2024🎄🎁 Weihnachten steht vor der Tür - Produkte von Mozilla als Geschenkidee
- 15.11.2024Quellcode von Pocket für Android als Open Source veröffentlicht
- 14.11.2024Quellcode von Mozilla Didthis als Open Source veröffentlicht
- 06.11.2024Mozilla Foundation entlässt 30 Prozent der Mitarbeiter
Danke für die Übersicht, vor allem der klare Hinweis das FF nicht direkt bezahlt werden kann was mir vor einigen Tagen auch aufgefallen ist als ich gerade eine Spende an Mozilla machen wollte.
Auch wenn es wohl unmöglich ist, ich würde gerne spezifische Projekte innerhalb von Mozilla unterstützen (z.B. die Mac Entwickler).
Was das bildliche Darstellung von Mozillas Organisationsstruktur betrifft, finde ich's persönlich ja ein bisschen schade, dass sie nicht noch eine weitere Ebene eingezogen haben, wo sich die weiteren Töchter von Mozilla befinden. Vertreter wie Fakespot und Pocket tauchen da ja gar nicht auf. Ist nicht schlimm für diejenigen, die Mozilla gut kennen und ungefähr wissen, wo Pocket und Co. hingehören, aber für Menschen außerhalb der Mozilla- und FOSS-Bubble sieht das wieder anders aus.
Das meinte ich auch vor dem Hintergrund der immer noch existenten "Wozu brauchen man X hundert Millionen Dollar, um einen einfachen Browser zu entwickeln!?!?!?!"-Fraktion. Ich hatte auch letztens erst wieder einen bei uns im Forum, der war total überrascht, dass die Mozilla Corporation tatsächlich ein ganz normaler Arbeitgeber ist und mit sowas wie Pocket oder Mozilla VPN kurioserweise auch noch Geld verdient. Er dachte bisher, das wären "die Guten" und gemeinnützig.
Ich mein, er hat in dem Punkt recht, dass Mozilla wirklich die Guten sind und für ihre Größe und mit den begrenzten Ressourcen unheimlich viel leisten, was mit den Großen im jeweiligen Bereich durchaus auch konkurrieren kann, aber ich glaube auch, dass es das Verständnis und die Akzeptanz zumindest in Teilen verbessern und steigern würde, wenn man auch die kleinen Akteure wie eben Pocket mit einarbeitet und ihre Rolle innerhalb von Mozilla deutlich macht.
Das dürfte daran liegen, dass es keine „Töchter“ sind, die Teams wurden in die Mozilla Corporation integriert. 😉 Auf der Pocket-Website stand nach der Übernahme noch sehr lange „Read it Later, Inc.“ im Footer, aber mittlerweile steht dort auch Mozilla Corporation. Dass Pocket keine separate Einheit ist, sieht man auch daran, dass es beispielsweise Überschneidungen bei den Entwicklern von Pocket und Mozilla Social gibt.
Fakespot hatte sein Branding recht schnell in „Fakespot by Mozilla“ geändert. Und wenn du dir die Stellenbeschreibungen von Fakespot ansiehst, steht dort auch Mozilla Corporation als Arbeitgeber.
Natürlich gibt es innerhalb der Mozilla Corporation auch unterschiedliche Projektteams. Aber das ist dann weniger auf der Ebene der Unternehmensstruktur, worum es in diesem Artikel geht, und ich vermute mal, dass solche Projektteams sich auch häufiger mal ändern, ohne dass man das als Außenstehender überhaupt mitbekommt.
„Einfach“ und „Browser“ ist ja schon ein Widerspruch in sich. Umso mehr, wenn man nicht nur einen Browser, sondern auch noch eine eigene Browser-Engine entwickelt. 😉 Mozilla hat halt leider das gleiche „Problem“ wie alle anderen Unternehmen auch: Angestellte kosten Geld, vor allem die fähigen. 😀 Das ist der mit Abstand größte Ausgabenposten. Erstaunlich, wenn das welche überrascht. Vielleicht arbeiten diejenigen selbst nicht und wissen daher nicht, dass man für Arbeit bezahlt wird? 😉 Ansonsten ist das doch recht einfache Mathematik. Man überlege sich nur mal, wie viele Menschen Mozilla ca. beschäftigt, wie so ein Gehalt aussieht, bedenkt, dass an manchen Orten wie Teilen der USA die Menschen sehr viel besser als hier verdienen müssen, weil die Mieten dort so extrem teuer sind, berücksichtigt außerdem, dass Mozilla sicher nicht zu den am schlechtesten zahlenden Arbeitgebern gehört, weil sie auch die guten Mitarbeiter bekommen wollen, und vergisst darüber hinaus nicht, dass für Arbeitgeber die Kosten generell nochmal viel höher sind als das, was der Arbeitnehmer am Ende erhält. Man landet dann ziemlich schnell bei einem dreistelligen Millionenbetrag.
Ich habe für Mozilla gespendet und das sehr gerne. Mozilla setzt sich ja auch für ein freies Internet und für die Vielfalt ein.
Lorenzo